Florian
Für Donnerstag war das richtige Wetter angesagt, um nach Norden zu segeln. Mittwoch war daher unser letzter Tag in Grenada. Wir haben die ESPERANZA segelfertig gemacht - Martina die Ankerkette geputzt und ich den Rupf, alles verstaut, danach von Nicola und Silvie verabschiedet und das Dingi an Deck verstaut.
Wir hatten eine gute Zeit in Grenada, bislang unsere Lieblingsinsel in der Karibik – wir werden die lieben Menschen hier, die unsere Freunde geworden sind vermissen.
Am Donnerstag ging´s dann um 7:30 Uhr Anker auf und hinaus aus der Woburn Bay. Das Wetter war perfekt, leichter Wind aus Ost bis Südost. Unter voller Besegelung – Groß, Genua und Fock – konnten wir 50° Grad am Wind nach Norden segeln, weit genug weg von den Inseln, damit wir nicht zu sehr in den Windschatten kommen.
So segelten wir entlang der Ostküste von Grenada, vorbei an Carriacou, Union Island, Mayreau, Canouan. Unsere ESPERANZA freut sich offenbar, dass sie endlich wieder segeln darf und so überholen wir doch tatsächlich Fritz und Gitti auf ihrem Katamaran TIFRIKAT.
Martina macht die Seekrankheit zu schaffen und so bin ich Küchenchef und wärme den vorgekochten Reiseintopf auf. Der schmeckt ganz hervorragend! Wir müssen nur auf hoher See sein und schon bin ich ein von Martina bewunderter Koch.
Auf Höhe Bequia segelten wir in die Nacht hinein – es ist schon angenehmer immer auf einem Bug zu segeln, als bei Vorwindkurs links und rechts hin und her geschleudert zu werden – anstrengend ist es dennoch. Martina hilft mir beim Einholen der Angel (wir haben büschelweise Sargassoseegras gefangen), eine Welle und sie knallt wieder mit dem Kinn gegen die Relingstütze. Der Schreck ist groß aber zum Glück bleibt neben Nasenbluten nur ein Dippel am Kinn doch ihre Zähne bleiben heil.
Martina funkt in der Nacht den Tanker "Shamrock" an, der uns recht knapp (0,7 sm) an Steuerbord überholt. Er meint nur: „Keine Angst ich sehe euch“. Im Windschatten von St. Vincent rollt Martina die Genua weg und wirft den Motor an – das schmeißt mich aus dem Schlaf – ja, ja Martina könnte unser Schiff auch schon alleine segeln.
Als der Morgen anbricht haben wir St. Vincent hinter uns gelassen und St. Lucia kommt in Sicht. Wir sind ca. 10 sm westlich von St. Lucia; der Wind dreht auf Ost und so wird des schwierig direkt an die Nordspitze von Martinique zu segeln. Wir kämpfen um Höhe und müssen zwischen Geschwindigkeit und Höhe laufen abwägen – zu hoch bedeutet zu langsam, sodass es fraglich wird, ob wir bei Tageslicht in St. Pierre ankommen werden. Ich studiere die Seekarten, doch ein anderer Hafen ist auch nicht einfacher zu erreichen.
Hinein geht es in den Kanal zwischen St. Lucia und Martinique. Die Strömung bremst uns um 1-2 Knoten und versetzt uns erwartungsgemäß weiter nach Westen. Als wir den Kanal endlich überwunden haben „schiebt“ uns die Strömung dafür an und wir können wieder mehr Höhe laufen. Es wird aber klar, dass wir jedenfalls nach Einbruch der Dunkelheit ankommen werden.
Die letzten beiden Stunden drehen wir den Motor auf, rollen die Segel weg und fahren an die Küste, vorbei an Casse de Pilote, wo uns der Motor im März „eingegangen“ ist. Wir setzen also dort fort, wo uns die Technik „aus dem Rennen“ geworfen hat.
St. Pierre kommt in Sicht. Zum Glück beleuchtet der Halbmond das ruhige nächtliche Meer. Gespannt und mit Feldstecher bewaffnet suchen wir die Anlegemole, damit wir uns orientieren können – wir finden sie nicht. An Hand der anderen Schiffe finden wir schließlich die Bojen, die die Ankerverbotszone (da dort viele Wracks liegen – Schiffe, die bei dem Vulkanausbruch am 8.Mai 1902 gesunken sind, als die damalige Hauptstadt ausgelöscht wurde). Wir tasten uns Meter um Meter voran; der Meeresboden steigt steil an, gerade noch 50 Meter, gleich danach 20 Meter und 5 Meter. Wir lassen den Anker fallen und ich setze zurück. Sofort bin ich wieder auf 40 Meter Wassertiefe und wir finden keinen Halt. Vorsichtig gehen wir noch näher ans Ufer und lassen den Anker auf 8 Meter fallen, stecken 50 Meter Kette und ziehen nicht zu fest, damit der Anker nicht wieder rutscht – wofür hat man einen Ankeralarm. Wir sind angekommen – 181 sm in 36 Stunden; unsere ESPERANZA hat sich vorbildlich verhalten; auch der Motor war ganz brav. Der zweite Abschnitt unserer Reise hat vielversprechend begonnen….