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GUT GETROFFEN

15.5.2018

Martina

Es ist nach wie vor viel Wind angesagt. Florian versichert mir immer, dass wir ja reffen können (Segelfläche verkleinern) und je weiter wir nördlich kommen das Barrier Reef so nahe ist, dass wir kaum mehr Welle haben sollten. Mit dieser beruhigenden Aussicht verlassen wir Cooktown bei Sonnenaufgang.

Mit der Genua und sicherheitshalber mit laufendem Motor segeln wir den engen Einfahrtskanal von Cooktown hinaus.  Rechts und links von uns hat es gerade einmal 50 cm Wassertiefe, also ein Fahrfehler ist nicht erlaubt.

Kaum haben wir die Fahrwasserstrasse hinter uns gebracht, pfeifft uns der Wind mit 20 Knoten um die Ohren. Die Welle baut sich rasch auf und schon reiten wir, wider Florians Vorahnung, über die Wellen. Ich habe wirklich wenig Lust stundenlang so sportlich zu segeln, aber es gibt kein zurück mehr. Unserer Esperanza ist der Wind egal, sie pflügt sich unbeeindruckt über die Wellen, aber ich bin kein Fan von solchen Bedingungen. Ich verwünsche in dem Moment unseren Reiseplan, der uns wenig zeitlichen Spielraum bis Darwin läßt.

Wir schließen die Türen der Esperanza, da immer wieder heftige Wellen ins Cockpit einsteigen. Florian refft zwar brav, aber wir flitzen mit bis zu 8 Knoten unserem Tagesziel Lizzard Island entgegen.

Manchmal nimmt eine Welle so richtig Anlauf, ballt sich zu einer Faust zusammen und  knallt unserer Esperanza voll auf die Breitseite. Das kennen wir schon vom Atlantik, aber mit wenig Welle innerhalb des Barrier Reefs hat das wenig zu tun.

Die nächste Welle trifft uns dann so heftig, dass unsere unachtsam stehen gelassene Tikistatue ihren Platz verläßt. Sie befreit sich aus ihrem Eck, rammt das Glas unserer Petroleumlampe und fliegt mit all den Scherben quer durchs Schiff. Blöd ist nur, dass ich am Landeplatz der Scherben und der ca.5 Kilo schweren Statue liege. Ich schreie zwei mal auf und dann ist es auch schon geschehen. Blut fließt über mein Gesicht, mein Kopf schmerzt und meine Finger der linken Hand schmerzen, denn auch hier fließt Blut. Ich liege in Scherben, darf mich nicht rühren und bin auf Florians Hilfe angewiesen.





Rasch presse ich mir die gereichte Küchenrolle auf meine Wunden, Florian vergewissert sich noch schnell, ob wir auf Kurs sind, und dann werde ich verarztet. Ein Druckverband auf die Platzwunde an der linken Stirn und noch rasch die blutenden Finger verarzten. Mehr ist im Moment nicht möglich, zu wild ist unsere Fahrt. Nach etwa 2 Stunden können wir einen besseren Kurs anlegen und jetzt ist Zeit für eine genauere Betrachtung meiner Wunden.


Die Beule am Kopf ist interessant, denn quer durch die Beule ist eine lange Delle die ich wahrscheinlich vom Sockel unserer Holzstatue bekommen habe. Die offene Wunde ist relativ klein und es reicht ein weiterer Druckverband, um die Blutung zu stillen.

Mein Mittelfinger und Ringfinger der linken Hand schauen etwas wilder aus. Platzwunden klaffen auseinander und sie bereiten mir auch heftige Schmerzen. Der Aufprall dürfte mir die beiden Finger noch dazu ordentlich gequetscht haben. Ich kann sie zwar bewegen, aber es tut ganz schön weh. Wir versuchen die beiden klaffenden Wunden mit Steristrips zusammenzukleben, denn da schaut schon einiges aus der Wunde raus, das eigentlich hinein gehört.

Mit reichlich Wind und Welle geht es bis zu unserem Ankerplatz in der Mrs. Watsons Bay auf Lizard Island. Der Wind pfeift über die Bucht, aber es gibt hier keinen Schwell und so ankern wir auf 5 Meter Wassertiefe mit 60 Meter Ankerkette. Das sollte für dieses Wetter reichen. Über Nacht stellen wir sicherheitshalber einen Ankeralarm, denn der heutige Tag verlangt nach einem guten und sicheren Schlaf.

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GUTE GEFÄHRTIN

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AN DIE ARBEIT

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ÜBERFAHRT NACH KOLUMBIEN

Martina 25.4.2015 Wir haben Kuba also wie geplant am 25.4. in der Früh verlassen. Vor uns liegen ca.580 sm und wir rechnen mit 5 Tagen und 4 Nächten. Zwischen Kuba, Haiti und Jamaika gibt es bekanntlicherweise entweder viel Wind oder nur umlaufende Schwachwinde. Unser Hauptaugenmerk lag aber auf die zu erwartenden Windverhältnisse vor dem Kap Aguja in Kolumbien. Denn am Festland ragt ein 5395 m hoher Berg in den Himmel. Dadurch entstehen hier laufend extrem starke Winde. Unter Seglern als eine sehr schwierige Strecke bekannt, Wind und Welle machen einem das Leben schwer. Es wird empfohlen den Bereich gut zu beobachten und mit einem Abstand von 100 sm zu umfahren. Schon mein Vater hat von einer seiner schwierigsten Überfahrten von den ABC Inseln (Curacao) nach Panama berichtet. In den Papierseekarten finden wir seine Wegpunkte mit einem Abstand von nur 50 sm. In unserer ersten Nacht auf der Höhe von Jamaika, kommt schön langsam Wind auf. 26.4.2015 Gleich nach der südöstlich von Jamaika ...